Insights: Flüchtlingsverteilung in Deutschland verstehen

Karte für die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Deutschlands

Erftstadt, 22.12.2015 – Aufgrund der Flüchtlingskrise bieten wir hiermit Informationen zur Verteilung der Ankommenden. Mit unserem Online-Tool können leicht verständlich die aktuellen Flüchtlingszahlen des Bundesamts für Migration auf kommunaler Ebene dargestellt werden.

Die Motivation für ein solches Online-Tool ergaben die derzeitige Berichterstattung und zahlreiche Gespräche mit Behördenvertretern im Laufe der letzten Monate.

Oftmals waren offene Fragen: „Wieviele Plätze sollte man noch vorbereiten, wenn eine Registrierung von x Personen an der Grenze stattgefunden hat?“ oder „Was bedeutet ein Zustrom an der Grenze zeitverzögert für unsere Kommune?“ – Zahlreiche Fragen, deren Antworten sich in Landesgesetzen und Verordnungen verbergen.

Die Verteilung von ankommenden Flüchtlingen ist zwischen Bund und Ländern durch den sogenannten Königssteiner Schlüssel geregelt. Allgemein regelt dieser Verteilungsschlüssel auch gemeinsame Investitionen von Bund und Ländern. Im Fall der Flüchtlinge wird über diesen Schlüssel die Zuweisung an jedes Bundesland bzw. Freistaat geregelt.

Jedes Bundesland wiederum regelt die Verteilung auf regionaler (Regierungsbezirk) und kommunaler Ebene individuell. Hierbei kommen verschiedene Landesgesetze, Durchführungserlasse und Rechtsverordnungen zum Tragen. Die meisten Bundesländer haben die Verteilung nach Einwohnerzahl gewählt und per Verordnung auf einen Stichtag festgeschrieben. Lediglich Nordrhein-Westphalen wendet einen gewichteten Verteilungsschlüssel zwischen Einwohnerzahl und Gemeindefläche an (Gewichtung 90/10%, Regelung für Kommunen mit Erstaufnahmeeinrichtungen hier nicht berücksichtigt).

Wenn man sich nun die aktuellen und vergangenen Zahlen auf kommunaler Ebene anschaut, erscheint eines klar: Die nackten Zahlen sprechen für ein „Wir schaffen das“ wie Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel den Anspruch formuliert hat. So werden kleinen, ländlichen Gemeinden wie z.B. in Rheinland-Pfalz nur einzelne Flüchtlinge zugewiesen, Großstädten proportional zur Einwohnerzahl entsprechend mehr. Proportional zur Einwohnerzahl stehen somit alle Kommunen vor den gleichen Herausforderungen.

Eines wird jedoch in der Visualisierung auch klar: Die hierarchische Verteilung anhand der Einwohnerzahl spiegelt meist nicht die Realität vor Ort wider. So werden strukturschwache Gebiete mit überproportional hoher Arbeitslosenquote und geringem Steuereinkommen bei gleicher Einwohnerzahl auch gleich viele Flüchtlinge zugewiesen. Änderungen des Zuteilungsschlüssel ergeben sich dabei nur im Rahmen einer Novelle. Die nötigen Zahlen werden monatlich bereits von der Bundesagentur für Arbeit und jährlich vom statistischen Bundesamt (DeStatis) erfasst, jedoch nur im Rahmen zahlreicher Listen bereitgestellt.

Eine bessere Vernetzung der Datenquellen zwischen Behörden und Ämtern (bzw. die Bereitstellung der Daten über Schnittstellen) würde es dem Bundesamt für Migration erlauben, sein Verteilungssystem EASY anhand Drittdaten entsprechend zu steuern. Regionale, wirtschaftliche Ungleichgewichte könnten somit in der Verteilung berücksichtigt werden. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, höhere Effizienzen zu erreichen: Einerseits sollten Verteilungsschlüssel an die Datenauswertung des statistischen Bundesamts gekoppelt werden, um schneller (jährlich) Trends berücksichtigen zu können. Andererseits sollten die Behörden Ihre Statistiken zwecks automatisierter Datenauswertung und -weiterverwendung per (REST-)Schnittstelle bereitstellen, um deutlich agiler untereinander Daten austauschen und verwenden zu können.

Unser Online-Tool stellt zunächst Daten des ersten Monats im Zeitraum dar. Die Recherche, Datenimport und vollständige Implementierung übernahm dabei unser Praktikant Leon Waanders. Durch Klicken im unteren Diagramm wird ein neuer Monat gewählt. Oberhalb in der Karte wird die entsprechende geobasierte Verteilung geladen. Möchte man die Prognose für den nächsten Monat für eine Kommune auswerten, so genügt das Anklicken und Verschieben des horizontalen Markers im blau gekennzeichneten Prognosebereich. Aufgrund der Datenfülle empfehlen wir eine Bildschirmauflösung von mind. 1.000px Höhe.